Warum braucht es ein Zweites Betriebssystem –
eine Kurzeinführung
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Kommen die digitalen Transformationsaktivitäten der Organisation nicht so voran wie erwartet oder scheitern diese sogar regelmässig, dann bietet sich die Einführung eines sogenannten Zweiten Betriebssystems an.
Beim Zweiten Betriebssystem (nach Prof J.P. Kotter „Dual Operation System“) handelt es sich nicht um eine eigene Organisationseinheit mit einer netzwerkartigen Struktur, eine Ideenschmiede, ein Inkubator oder ein Innovations-Lab, sondern um eine virtuelle Organisation – eine „Umsetzungs-Maschine“ -, die integraler Bestandteil der Unternehmung (das «Erste Betriebssystem») bleibt. Daher ist keine spätere umfang- und risikoreiche Reintegration nötig.
Für eine erfolgreiche Transformation muss eine Organisation neben ihrer hierarchischen Struktur – die bestehen bleibt – eine neue Organisationsform einführen- in Form eines Zweiten Betriebssystems. Die dadurch entstehende organisatorische Beidhändigkeit („Ambidextrie“ genannt, d.h. Effektivität und agile Innovation gleichzeitig vorantreiben) ermöglicht es Unternehmen, existierende Geschäftsfelder weiterhin effizient zu bewirtschaften und gleichzeitig neue digitale Services und Produkte zu entwickeln.
Warum ein Zweites Betriebssystem?
«Exploitation verdrängt Exploration» ist der Hauptgrund für die Einführung eines Zweiten Betriebssystems. Unternehmen mit erfolgreichen Produkten und Services fokussieren sich häufig sehr stark auf die Exploitation (=Verwertung/Ausnutzung, d.h. die Verbesserung von Bestehendem), indem sie hauptsächlich die Kosten optimieren und die Effizienz steigern; dabei verbessern oder erweitern sie in der Tat bestehende(s) Wissen und Innovationen. Zeit und Raum für die Exploration (Erforschung/Erkundung) d.h. für disruptive Ideen sowie für risikoreiches Experimentieren bleiben kaum. Das geht so lange gut, wie in einem stabilen Markt kontrolliertes Wachstum und Kundenorientiertheit ausreichen und nicht wie in wandelnden (Digital-)Märkten agil auf Kundenbedürfnisse reagiert werden muss.
Folgende Problemfelder (eine kleine Auswahl) behindern ein schnelles Vorankommen von Digitalisierungsprojekten und einer Digitalen Transformation:
- „Big Picture“ (das WARUM) der Digitalstrategie wird von den Führungskräften und Mitarbeitern nicht verstanden
- Fehlender Wissens- und Erfahrungsaustausch für Digitalprojekte
- Führungskräfte und Mitarbeitende haben eine unzureichende Befähigung in für solche Projekte relevanten Kulturthemen (Angst, Feedback-, Vertrauens- und Fehlerkultur)
- Unzureichende Klarheit betreffend Erwartungen, Rollen und Incentivierungen, welche wiederum Abwehr, Frustrationen und Resistenzen erzeugt
In einem Zweiten Betriebssystem, das auch als geschützte Werkstatt fungiert und so den Akteuren die Möglichkeit gibt, Neues auszuprobieren und allem voran die agilen Grundprinzipien im Alltag anzuwenden und zu trainieren, werden:
- Unterstützungsmassnahmen bei Disharmonien angeboten, die in der Initialphase zwischen der hierarchischen Organisation und dem agilen Projektteam auftreten.
- die Akteure mit Tools und Methoden vertraut gemacht.
- Services den Akteuren zur Verfügung gestellt, welche sie selbst und dadurch auch die Gesamtorganisation befähigen und weiterentwickeln, wie z.B. individuelle Weiterbildungen, agiles Coaching, Erfahrungsaustauschplattformen.
- die Akteure unterstützt, Ihre im Zweiten Betriebssystem gemachten Erfahrungen in die Gesamtorganisation zu tragen, um Ihren Beitrag zu leisten, damit diese sich zu einer Lernenden Organisation entwickeln kann.
- die Akteure die Möglichkeit haben, die Agilität zu erlernen und den agilen Mindset zu erfahren, der unabdingbar ist, wenn eine Organisation digitale Services und Produkte erfolgreich entwickeln will.
5 Fragen, die sich beim Aufbau und Betrieb eines Zweiten Betriebssystem stellen
- Wie gestaltet sich der Aufbau eines Zweiten Betriebssystems? Zu dieser Frage gibt es einen separaten Blogartikel auf der Plattform «Duale Organisation», der dieses Thema im Detail beschreibt. Zusammengefasst stehen neben den verschiedenen Befähigungsmassnahmen für das Top Management, das HR, die Unternehmensentwicklung, die Kommunikation und die IT, das Aufsetzen von Austausch- und Erfahrungsplattformen, die gemeinsame Entwicklung für KPI’s, vor allem die Leuchtturmprojekte, welche im Zentrum des Zweiten Betriebssystem stehen.
- Wer kann in einem Zweiten Betriebssystem partizipieren? Alle! Es gibt keinerlei Einschränkungen, solange die Mitarbeitenden motiviert daran teilnehmen und Ihren Teil zum Erfolg beitragen. Sie können sich entweder im Aufbauteam des Zweiten Betriebssystem einbringen oder als Projektteilnehmende tätig werden.
- Welches Wissen müssen Mitarbeitende mitbringen, die partizipieren möchten? Es werden keine spezifischen Vorkenntnisse vorausgesetzt. Jeder bringt das Fachwissen aus seinem Bereich mit und Jede/er hat die Möglichkeit, sich über individuelle Befähigungsmassnahmen und durch «gemeinsames Lernen» weiterzubilden.
- Gibt es nicht Konflikte bei der Einführung eines solchen Systems? Die gibt es und nicht wenige. Aber genau diese Schwierigkeiten tragen mit dazu bei, einen Kulturwandel anzustossen. Daher ist es wichtig, dass das Aufbauteam sich zuerst selbst entsprechend befähigt, bevor es damit beginnt, Digitalisierungsprojekte-Stakeholder zu unterstützen. Das Zweite Betriebssystem muss zuerst selber auf einem stabilen Fundament stehen, um die kommenden Kollisionen, die mit dem ersten Betriebssystem entstehen werden, konstruktiv abfangen zu können.
- Ist das Zweite Betriebssystem nicht eine Konkurrenz zu der bestehenden Innovationsabteilung? Nein, denn dieses entwickelt weiterhin Ideen und entsprechende Strategien, währenddessen das Zweite Betriebssystem für die Umsetzung der erfolgsversprechenden Digitalisierungsideen sorgt. Eine perfekte Symbiose!